SAPPHIRE NOW 2012 – oder: „Zurück in die Zukunft“

Montag – ich blicke zurück auf die vergangenen zwei Wochen. Es ist Mai – die Zeit für die alljährlich stattfindende SAP-Kundenmesse SAPPHIRE NOW. Eigentlich kein Ereignis, über das ich berichten wollte, da ich zur Übernahme von SuccessFactors bereits Stellung bezogen hatte und auch sonst keine bahnbrechende Neuigkeit anstand. Also sah ich mir die Veranstaltung online an. Vorteil: Ich konnte in Ruhe alle interessanten Vorträge zeitversetzt ansehen, auch wenn sie real gleichzeitig abliefen. Nachteil: Die Gespräche mit Partnern und Kunden vor Ort sind leider – bzw. zum Glück – durch nichts zu ersetzen.

Wie auch immer, bevor es allzu gemächlich wurde, ereigneten sich zwei „Vorfälle“, die mich doch zu einem Beitrag veranlassten: Zum einen die Veröffentlichung einer internen E-Mail durch die Wirtschaftswoche von SAP-Vorstand Lars Dalgaard, zum anderen der Beitrag der FTD über die Reaktion der Aktionäre auf der SAP-Hauptversammlung zur beabsichtigten Übernahme von Ariba.

Während die Details in den hier genannten Quellen gut nachzulesen sind, so sind im Folgenden die (möglichen) Implikationen aus meiner Perspektive dargestellt:

SAP

Auch wenn die Übernahmen von Ariba und SuccessFactors den Umsatz von SAP recht wahrscheinlich bis 2015 auf die erwarteten 2 Mrd. Euro in dieser Sparte steigen lassen, so sollte man die Negativerfahrungen von Business ByDesign (ByD) nicht ganz vergessen. Die Eigenentwicklung hatte die ursprünglichen Ziele weit verfehlt und SAP hatte wie oft erwähnt, wieder einmal angekündigt, seine Cloud Computing-Strategie zu ändern bzw. anzupassen. Während Dalgaard auf der Konferenz dieses Erbe mit „…es war eine wunderbare Vision“ positiv umschrieb, wurde er in seiner internen E-Mail sehr direkt: „Kunden: Nicht genug. Umsatz: Nicht genug.“. Folglich kann man für SAP nur hoffen, dass das Marketing etwas umsichtiger mit seinen Zukunftsaussagen („weltweit führender Cloud-Anbieter bis 2015“) wird, und dass das jetzige SAP-Management intern mehr auf entsprechende KPIs und deren Umsetzung achtet, was jedoch bei einem Lars Dalgaard zu vermuten ist.

Kunden

Wie bereits in meinem vorherigen Blogeintrag zur Übernahme von SuccessFactors erwähnt, so stehen den Kunden nun noch mehr Optionen zur Verfügung. Doch bis zu einem konsolidierten Lösungs-Portfolio ist es noch ein weiter Weg. Verschiedene Lösungen, Komponenten, Technologien und Plattformen erleichtern die Auswahl keinesfalls. Auch werden die vielmals durch Cloud Computing zu erwartenden Kostensenkungen bzw. die Steigerung der Flexibilität nicht in dem Ausmaße wie gewünscht erreicht, da in den meisten Fällen Anpassungen und Integrationsaufwand zu erwarten sind. Für viele Kunden wird das Finden eines kompetenten „Solution Architect“ essentiell, jemand der die Herausforderungen überblicken und eine umfassende Lösung erarbeiten kann.

Partner

Für Partner kann es nur noch besser werden, oder? Was wurde Partnern nicht alles bei Einführung von ByD in Aussicht gestellt. Von bis zu 10.000 Kunden bis zum Jahre 2010 war die Rede. Was wurde vermutlich nicht alles für Zertifizierung, Weiterbildung, Marketing und Sonstiges von Partnern ausgegeben? Durch die jüngsten und angekündigten Übernahmen eröffnen sich für einige SAP-Partner naturgemäß viele Möglichkeiten in den Bereichen Beratung, Implementierung und Entwicklung, was auch durch die Komplexität (s. Kunden) intensiviert wird. Doch sei einem Partner geraten, dieses Mal mehr Vorsicht walten zu lassen und sich genau umzusehen (s. Wettbewerb), denn „andere Mütter haben auch schöne Töchter“.

Markt

Die Übernahmen durch SAP im Cloud Computing-Umfeld, genau wie die von Oracle und anderen etablierten Spielern, zeigt einmal mehr sehr deutlich, dass es diesen Firmen an Innovation fehlt oder zumindest schwerfällt, innovativ zu sein. So kann ich die leider für mich eher deprimierende und sicher nicht so beabsichtigte Bemerkung von Co-CEO Jim Hageman Snabe, „…some buy Harley Davidson to renew themselves, we bought SuccessFactors!“, nicht anders werten. Folglich wird die Anzahl der noch „zu habenden“ Cloud Computing-Anbieter, die einen echten Mehrwert bieten, geringer und somit auch kostspieliger zu übernehmen.

Wettbewerb

Lars Dalgaard hat in seiner internen E-Mail selbst den Wettbewerb genannt – Nr.1: Workday, Nr.2: salesforce.com. Dies wird die zwei erwähnten Anbieter freuen, denn es belegt, dass sie nicht nur „mitspielen“, sondern SAP auch weiterhin einiges an Kunden- und Marktanteilen abgewinnen könnten. Der Vorteil der beiden Protagonisten und der anderen in der E-Mail erwähnten Personen/Firmen/Unternehmen liegt sicherlich auf deren einzigem Fokus, Cloud Computing-Lösungen anzubieten. Diese Firmen haben keine intern miteinander konkurrierenden Lösungen wie SAP im Angebot (z.B. HANA) und sind in Entwicklung, Verkauf und Service einem einzigen Ziel untergeordnet. Dies macht sie u.a. nicht nur innovativ, sondern auch anpassungsfähig und schnell. Zweifelsohne wird SAP auch weiterhin über einen großen Kundenstamm verfügen. Doch nur, wenn SAP seinen Kunden und Partnern schnelle und überzeugende Lösungen und Strategien bieten kann, wird die Frage entschieden, ob SAP Anteile auszubauen und verlorenes Terrain zurückzuerobern vermag.

Eines sei aus persönlicher Sicht noch hinzuzufügen – denn auch wenn Larry Ellison eine schillernde Persönlichkeit ist, so hat Oracle eines mit SAP gemeinsam: Es gibt keine Führungspersönlichkeiten mit Visionen für ihre Cloud Computing-Lösungen wie bspw. salesforce.com mit Marc Benioff, der Mitarbeiter, Partner und Kunden mitzureißen vermag. Im Gegensatz dazu ist Co-CEO Bill McDermott’s vermutlich gedachter Lacher „…if you are 18-24 it is more likely to have a smartphone than a job“ ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte!

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